Nach der Jahrhundertwende legt die deutsche Schwerindustrie ein noch schwunghafteres Entwicklungstempo vor. Bei Kohleförderung und Roheisenproduktion ist bis 1914 mit einer Verdopplung zu rechnen. Um auf lange Sicht neben den umfangreichen deutschen Vorräten an Steinkohle auch genug Eisenerz zur Verfügung zu haben, wollen sich Unternehmer der deutschen Schwerindustrie dauerhaft den Zugriff auf die ergiebigen Erzabbaugebiete in Frankreich sichern. Die Überlegung ist identisch mit der von Amerikanern wie Henry Adams oder beispielsweise auch Foster Rhea Dulles, John F. und Allen W. Dulles. Doch im Unterschied zu dem Ansatz, einen Terroranschlag zu inszenieren und dann mit Folter, Mord und Totschlag in die begehrten Zielgebiete einzureiten, um Zugriff zum Objekt der Begierde zu erlangen, beginnen Unternehmen der deutschen Schwerindustrie wie die Gelsenkirchener Bergwerks-Aktiengesellschaft, die Gutehoffnungshütte, der Thyssen-Konzern oder auch der Röchling-Konzern mit dem Aufkaufen von Anteilen von Bergbau- und Hüttengesellschaften in Frankreich. Finanziert wird das unter anderem auch von der Großbank „Disconto-Gesellschaft“. Erfolgreich ist man vor allem im sogenannten Erzbecken von Briey in Französisch-Lothringen und in der Normandie.

Anders als die Amerikaner werden die Deutschen so zu den Wegbereitern einer friedlichen Internationalisierung der Wirtschaft. In einer Denkschrift schreibt das Berliner Auswärtige Amt 1911, dass es das Ziel der beteiligten deutschen Konzerne sei, „die Bindung der gesamten wirtschaftlichen Stellung der französischen Eisen- und Stahlindustrie an Faktoren“ zu realisieren, „die von Deutschland oder Belgien beherrscht werden“. Führende Kreise Frankreichs widersetzen sich mit allen zu Gebote stehenden Fußangeln und Fallstricken des Protektionismus der beginnenden Globalisierung der Wirtschaft. Über die Boulevardzeitungen wird die Angst geschürt, dass Französisch-Lothringen beziehungsweise das Erzbecken von Briey schon „als künftige Siegerbeute Deutschlands“ zu betrachten sei. Von Seiten der französischen Behörden, die eine wirtschaftliche Infiltration fürchten, werden den deutschen Konzernen aus „nationalen Gründen“ Barrieren errichtet, indem Behörden ganz einfach Genehmigungen und Konzessionen nicht erteilen oder ihre Erteilung so lange wie möglich hinauszögern. Daraufhin versuchen die interessierten deutschen Konzerne Einfluss zu gewinnen auf das Auswärtige Amt, um es dazu zu bewegen, dass es auf die aufgetürmten Hindernisse mit allen zu Gebote stehenden politischen Mitteln antworte. So machen es Unternehmer in Amerika bereits seit Jahrzehnten und man muss da gar keine neuen Maßstäbe moralischer Art eigens für das Deutsche Reich aus dem Boden stampfen, zumal es die deutsche Außenpolitik seit über drei Jahrzehnten nicht auf Krieg mit einem seiner Nachbarn anlegt. Der Weg der USA, die lediglich von Wasser umgeben ist und europäische Großmächte längst auf Armlänge fernhält, ist für Deutschland nicht gangbar, denn westlich und östlich seiner Grenzen lauern bis an die Zähne bewaffnete Truppen von Staaten, die nur auf die Gelegenheit zur Ausschaltung des Reiches lauern. So sind die Möglichkeiten der Deutschen auf friedliche Mittel begrenzt, selbst wenn sich dieser oder jener Hitzkopf eine andere Herangehensweise wünscht. Namhafte Politiker wie Matthias Erzberger oder Gustav Stresemann, setzen sich jetzt für die Wirtschaftsinteressen der Mannesmanns in Marokko vor dem Reichstag ein. Der „Alldeutsche Verband“, der das Großbürgertum vertritt, ruft frank und frei dazu auf, in Marokko Lebensraum zu erobern und das Land zu germanisieren. In Nordafrika kollidieren die Interessen der Deutschen aber weiterhin mit dem Anspruch der Franzosen auf die koloniale Herrschaft und es bleibt Angelegenheit des Auswärtigen Amtes, den Ambitionen der Heißsporne politische Zügel anzulegen.75