Das Sykes-Picot-Abkommen

Den ersten greifbaren Erfolg des Krieges kann England im Nahen Osten verbuchen. Was britischen Truppen allein nicht gelang, konnte mit Hilfe von arabischen Kämpfern erreicht werden, denen London versprach, sie würden nach dem Kriege vom Osmanischen Reich unabhängig werden. Der Kriegseintritt war mit dem Schutz des neutralen Belgiens begründet worden, nur um daran zu erinnern. Unterdessen stellt London Weichen für die Zukunft. Am 16. Mai 1916 wird nach langen Verhandlungen eine geheime Übereinkunft zwischen den Regierungen in London und Paris unterzeichnet, das Sykes-Picot-Abkommen. Es ist kein Wunder, dass sie das vor allem vor den Arabern geheim halten, denn der Text handelt von allem anderen als irgendeiner Unabhängigkeit. Es geht vielmehr um die kolonialen Interessengebiete nach dem Krieg. Vom Einfluss des mit den Westmächten verbündeten Russland oder womöglich Deutschlands und Österreich-Ungarns ist hier längst keine Rede mehr. Mit der Abwicklung des Zarenreiches wird London nicht lange warten. Es kann ja noch nicht einmal überraschen, dass London auch nicht gedenkt, Frankreich länger als nötig Einfluss in der Region zu lassen. Grenzziehungen werden ausgetüftelt, die ethnische Konflikte für die Zukunft absolut unausweichlich machen – angefangen damit, dass für eines der großen Völker im Nahen Osten kein eigener Staat vorgesehen wird; nach der Planung werden die Kurden in Zukunft über die neu zu erschaffenden Länder Türkei, Syrien und Irak verteilt leben.212 Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Natürlich kann der Orient dann nie wieder seine Ruhe finden – und britische und amerikanische Rüstungsfirmen werden für lange Zeit Aufträge haben.