Als Hermann Göring am 10. April zum zweiten Mal heiraten will, nimmt man das auf der Straße zum wohlfeilen Anlass für diese Kritik: Nach der Trauung fährt Hermann mit seiner Emmy aufs Land. Auf dem Weg fragt sie ihn: „Werden wir uns dort auch vertragen?“ Als Hermann ihr erklärt, das sei doch selbstverständlich, sagt Emmy zweifelnd: „Nun, ich dachte nur, du duldest keine Gegenbewegung.“313 Wie repräsentativ sind Witze, die an der überwältigenden Zustimmung zu Hitlers Nationalsozialismus Zweifel anmelden? Im April finden Betriebswahlen statt und die Listen mit den Nazi-Wunschkandidaten werden von sechzig bis siebzig Prozent der Arbeiter abgelehnt.314
Schauen wir in das Kaufhaus Feldmann in Hof an der Saale. Sechs Vertrauensräte sind zu wählen. Sie werden mit 6:35, 18:23, 13:28, 12:29, 11:30 und 10:31 Stimmen abgelehnt. Für den Abend ist eine Pflichtversammlung für die Belegschaft anberaumt. Da erscheint der Obmann der Deutschen Arbeitsfront DAF von Hof, der Nazi-Bonze Witzgall und raunzt die Mitarbeiter an: „Das Wahlergebnis ist Ihnen bekannt. Der Vertrauensrat wurde von Ihnen abgelehnt. Warum haben Sie das getan?“ Niemand antwortet, denn Herr Witzgall hätte gleich fragen können, wer nach Dauchau will. Nach einigem Schweigen fährt Witzgall fort: „Ich kann unmöglich ein solches Ergebnis nach Berlin melden. Ich ernenne hiermit Klaus Ritter kommissarisch zum Vertrauensrat.“ Damit ist der zweite Geschäftsführer der Vertrauensrat. Dann verkündet diese große Leuchte: „Ich melde hundertprozentige Annahme des Vertrauensrates nach Berlin.“ Alles klar. In der Presse steht danach, Franken stehe mit der Abstimmung wieder an der Spitze.315